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Struktur und Eigenschaften von pyrolytischem Kohlenstoff

Pyrolytischer Kohlenstoff ist eine feste Form des Kohlenstoffs, die bei der Pyrolyse eines gasförmigen oder flüssigen Kohlenwasserstoffs bei einer Temperatur von typischerweise 700 °C bis 2200 °C auf einer Oberfläche abgeschieden wird (teilweise wird bei höheren Temperaturen abgeschiedener Kohlenstoff als pyrolytischer Graphit bezeichnet). Pyrokohlenstoff weist nahezu ausschließlich sp2-hybridisierte Kohlenstoffatome auf und dementsprechend ähnelt dessen Nahordnung der bei Graphit. Pyrokohlenstoff weist eine sogenannte turbostratische Mikrostruktur auf, d.h. Pyrokohlenstoff besteht auf der nm-Skala aus Bereichen, in denen Graphenebenen nahezu parallel und äquidistant liegen. Allerdings sind diese Ebenen sowohl gegeneinander verdreht als auch verschoben und können Fehlstellen oder eine Welligkeit aufweisen (vgl. Abbildung rechts).












turbostratische Struktur






Graphitierbarkeit

Nach Oberlin et al. werden die zu kristallartigen Strukturen zusammengefügten, aromatischen Moleküle als BSU (für “basic structural unit“) bezeichnet. Diejenigen benachbarten BSU, die relativ zueinander nur geringe Abweichungen in der Orientierung aufweisen, also nahezu parallel liegen werden als LMO (für “local molecular orientation“) bezeichnet. Die Gesamtheit aller LMO bilden den makroskopischen Körper. Die Graphenebenen sind unter normalen Bedingungen hauptsächlich parallel zur Substratoberfläche orientiert. Allerdings kann der Grad der Orientierung stark variieren (von nahezu amorph bis hin zu nahezu kristalliner Ordnung wie im Graphit-Einkristall). Der Texturgrad ist ein Maß für diese Orientierung.

Über den Texturgrad lassen sich die Eigenschaften der Schichten über einen weiten Bereich einstellen. So variiert beispielsweise die Dichte zwischen ungefähr 1450 kg/m3 – 2100 kg/m3, die elektrische Leitfähigkeit von 15000 Ω-1m-1 – 90000 Ω-1m-1, die Wärmeleitfähigkeit von 12 Wm-1K-1 - 35 Wm-1K-1,  der Elastizitätsmodul von 12 GPa - 40 GPa. Aus struktureller Sicht ergibt sich eine Bandbreite des Ebenenabstands d002 zwischen 3,42 Å (hochgeordneter Pyrokohlenstoff) und über 3,45 Å (wenig geordneter Pyrokohlenstoff).

Durch rein thermische oder thermische und mechanische Nachbehandlung (Endtemperatur typischerweise zwischen 2000 °C und 3000 °C) von geeigneten Pyrokohlenstoffen lässt sich die 2D-Ordnung des turbostratischen Kohlenstoffs zu einem gewissen Grad in die 3D-Ordnung des Graphits überführen. Dieser Prozess wird als Graphitierung oder Graphitisierung bezeichnet. Mit dem Erhöhen der Temperatur erhöht sich auch die Ordnung der Schicht: von einzelnen BSU bei niedrigen Temperaturen über verzerrte Stapel von BSU (zwischen 600 °C und 1500 °C) und gewellte Schichten (1500 °C – 2100 °C) bis hin zu nahezu perfekt geordneten Graphenschichten ab 2100 °C.

Es lassen sich allerdings nicht alle pyrolytischen Kohlenstoffschichten vollständig graphitieren. Lediglich hoch-texturierte Kohlenstoffe bieten die Möglichkeit, durch thermische Nachbehandlung die Eigenschaften zu optimieren (vgl. Abbildung links oben). Schwach- oder mittel-texturierter Kohlenstoff lässt sich nur teilweise oder gar nicht in eine hochgeordnete Struktur überführen (vgl. Abbildung links MItte und unten). Somit sind auf hoch-texturierten Pyrokohlenstoffen basierende Werkstoffe für Anwendungen besonders interessant. Eines der ersten Einsatzgebiete für pyrolytischen Kohlenstoff war der Einschluss von radioaktiven Brennstoffpartikeln in Atomreaktoren. Weiterhin wird, wie schon diskutiert, pyrolytischer Kohlenstoff als Matrix für C-C-Komposite verwendet. Daneben findet er aber auch aufgrund seiner guten Biokompatibilität Verwendung in der Medizin, z.B. für die Beschichtung von Herzklappen oder Stents.

 

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